Trennungsunterhalt und Ehegattenunterhalt

Für die Berechnung des Unterhalts für den Ehegatten unterscheidet man:

 

zwischen dem Unterhalt vor der Scheidung (= Trennungsunterhalt)

und dem eigentlichen Ehegattenunterhalt für die Zeit nach der Scheidung (= nachehelicher Ehegattenunterhalt).

 

Die Unterhaltsberechnung orientierte sich grundsätzlich an den früheren ehelichen Lebensverhältnissen.

1. Trennungsunterhalt

(a) Der Bedarf

Mit dem Begriff Trennungsunterhalt meint der Jurist den Unterhalt für den Ehegatten für die Zeit zwischen Trennung und Rechtskraft der Scheidung. Danach spricht man vom nachehelichen Unterhalt.

 

Unterhalt kann beanspruchen, wer nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Maßstab für die Höhe des Unterhaltsanspruchs ist grundsätzlich die Lebensstellung des Bedürftigen, hier also die Lebensstellung während der Ehe. Genauer gesagt ist zu prüfen, wie die finanzielle Situation der Ehegatten wäre, wenn die Lebensgemeinschaft der Eheleute heute noch existieren würde.

 

Dazu verwendet man das hier schon dargestellt Modell vom Einkommenstopf. Ich rechne für den Trennungsunterhalt zunächst den Einkommenstopf aus und nehme gedanklich auch schon den Kindesunterhalt aus dem Topf. Übrig bleibt dann das Geld, welches die finanzielle Lebensstellung der Ehegatten geprägt hat. Der halbe Topf ist dann der Bedarf, den ein Ehegatte hat, um künftig seine bisherige Lebensstellung (jedenfalls theoretisch) aufrecht erhalten zu können. Der Bedarf ist die erste von drei Berechnungsstufen für den Unterhalt.

(b) Die Bedürftigkeit

Nachdem in der ersten Berechnungsstufe festgestellt wird, wie hoch der Bedarf ist, überprüft man in der zweiten Stufe, ob der Unterhaltsberechtigte diesen Bedarf durch eigene Mittel erbringen kann. Dies können Einkommen aus Berufstätigkeit sein, Zinseinnahmen, Mieteinnahmen oder ähnliches. Es sind in der Regel genau die Einkommenspositionen des Unterhaltsberechtigten, die zuvor vom Unterhaltsberechtigten in den Topf gegeben wurden.

 

Beispiel: 

Der Ehemann hat 2.000 EUR bereinigtes Nettoeinkommen, die Ehefrau 600 EUR, keine Kinder. Der Einkommenstopf errechnet sich auf 2.600 EUR, der Bedarf (halber Topf) beträgt 1.300 EUR. Da die Ehefrau 600 EUR selbst für ihren halben Topf bereits aufbringen kann, fehlen ihr 700 EUR. In Höhe von 700 EUR ist sie bedürftig, das wäre der Unterhaltsanspruch.

 

STOP: 

Ganz so einfach ist das Unterhaltsrecht leider nicht. 

 

Hier möchte ich erst einmal das Berechnungsmodell darstellen. Genaueres zum Bedarf und zur Bedürftigkeit finden Sie unten unter „Die Feinheiten“.

 

(c) Die Leistungsfähigkeit

Wenn man dann ausgerechnet hat, wie hoch der Bedarf und die Bedürftigkeit sind, bleibt zuletzt noch wie immer die Frage, wer das alles bezahlen kann. Genauer: Ob das alles bezahlt werden kann bei Beachtung des Selbstbehalts.

 

Haben beispielsweise die Eheleute drei minderjährige Kinder, der Mann verdient 1.700 EUR und die Frau hat kein Einkommen, dann reicht das Geld nicht aus, damit die Frau vollen Unterhalt bekommen kann. Das Gesetz sieht nämlich eine Rangfolge bei mehreren Unterhaltsberechtigten in § 1609 BGB vor.

 

Danach sollen die Kinder zuerst Unterhalt bekommen und danach erst die Ehefrau / Mutter.

Da dem Mann aber ein Selbstbehalt bleiben muss, ist nicht genügend Geld vorhanden, um alle Unterhaltspflichten zu erfüllen.

 

Die Ehefrau, die zuvor in einer Familie mit 1.700 EUR zuzüglich drei Mal Kindergeld lebte, muss nun für sich ergänzend Sozialhilfe in Anspruch nehmen.

(d) Zusammenfassung

Der Unterhalt berechnet sich also in drei Stufen:

 

Zuerst ist zu prüfen, wie viel im Einkommenstopf verbleibt nach Abzug des Kindesunterhalts. Der halbe Topf ist der Bedarf.

Danach prüft man die Bedürftigkeit, ob also der Unterhaltsberechtigte selbst etwas für den halben Topf beisteuern kann. Das was fehlt, ist der Unterhaltsanspruch.

 

Im dritten Schritt prüft man die Leistungsfähigkeit, also ob der Zahlungspflichtige genug Geld hat für seinen Selbstbehalt und die Unterhaltsverpflichtungen. Wenn nicht, gibt das Gesetz eine Reihenfolge der Unterhaltsberechtigten vor.

(e) Die Feinheiten

Ach wäre das Unterhaltsrecht doch so einfach wie oben beschrieben. Es gäbe viel weniger Streit zwischen den Eheleuten, aber auch viel weniger Arbeit für uns Rechtsanwälte. Tatsächlich ist das Unterhaltsrecht jedoch viel komplizierter. Das liegt unter anderem daran, dass es nur relativ wenige Gesetze dazu gibt, aber viele Urteile durch den Bundesgerichtshof und die Oberlandesgerichte, die für die Amtsgerichte richtungweisend sind.

 

Das Berechnungsmodell wie oben beschrieben wird in ganz Deutschland genau so angewendet, also Bedarf - Bedürftigkeit - Leistungsfähigkeit. Es sind aber bei der Unterhaltsberechnung eine Vielzahl von Einzelentscheidungen der Gerichte zu berücksichtigen. Darüber hinaus haben die Oberlandesgerichte unterschiedliche „Leitlinien“ zur Unterhaltsberechnung vorgegeben. 

Und zusätzlich verweisen Gesetz und Bundesgericht ausdrücklich darauf, dass dem jeweiligen Richter am Amtsgericht eine erhebliche Bewertungsspanne bleiben soll. 

 

Dies führt zu dem Ergebnis, dass verschiedene Richter im Unterhaltsrecht auch zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Unterhaltsrecht wirkt daher im ersten Moment wie reine Mathematik, ist es aber nicht. 

 

Darüber hinaus sind eine ganze Reihe von Besonderheiten eventuell zu berücksichtigen, wie zum Beispiel der Erwerbstätigenbonus, fiktives Einkommen oder freiwillige Zuwendungen Dritter. Genauere Ausführungen dazu finden Sie in meinem E-Book, das Sie auf Amazon finden.

2. Nachehelicher Ehegattenunterhalt

Nachehelicher Ehegattenunterhalt meint im Gegensatz zum Trennungsunterhalt den Unterhaltsanspruch nach Rechtskraft der Scheidung.

 

Mit der Unterhaltsreform zum 1.1.2008 wurde verstärkt die Eigenverantwortung eines jeden Ehegatten nach der Scheidung herausgestellt. Jeder Ehegatte soll nach Möglichkeit selbst für seinen Unterhalt sorgen.

 

Deshalb ist der geschiedene Ehegatte auch aufgefordert, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, die seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten entspricht.

 

Unterhalt kann deshalb nur derjenige beanspruchen, der einen Grund hat, warum er nicht berufstätig ist oder nicht "ausreichendes" Einkommen hat. Gründe dafür können die Umsorgung von Kindern sein oder Krankheit. Auch wenn wegen des Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann oder wenn ein Ehegatte trotz umfangreicher Bemühungen keine Arbeitsstelle findet, kann ein Unterhaltsanspruch bestehen. Darüber hinaus werden im Gesetz noch weitere Gründe aufgeführt.

 

Die Berechnung des nachehelichen Ehegattenunterhalts erfolgt grundsätzlich ähnlich wie beim Trennungsunterhalt. Hier soll und kann jedoch nur die grundsätzliche Berechnungsmethode dargestellt werden und weitere Einzelinformationen würden mehr verwirren als weiterhelfen.

 

Eine genaue Berechnung sollte letztlich von einem Rechtsanwalt nach einem detaillierten Gespräch mit Ihnen vorgenommen werden. Zu viele Einzelaspekte sind zu berücksichtigen und zu bewerten. 

 

Hier noch ein Tip

Für die richtige Berechnung der Höhe des Unterhalts ist die richtige Wahl der Steuerklasse entscheidend. Zu vermeiden sind Steuernachzahlungen oder dass zuviel Steuern gezahlt werden, weil der gesetzlich vorgeschriebene Steuerklassenwechsel nach der Trennung nicht richtig oder nicht zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt wird!

 

 

Weitere Informationen zur Berechnung des Netto-Einkommens finden Sie hier.

Allgemeine Informationen zur Unterhaltsberechnung finden Sie  >>hier.