Dürfen die Eltern vom Konto des Kindes Geld abheben?

 

Geld vom Konto des Kindes abzuheben, kann verlockend sein, um schnell und unkompliziert an benötigtes Geld zu kommen.

Dieser Beitrag wird die Frage beantworten, ob und in welchen Fällen Eltern berechtigt sind, Geld vom Konto des Kindes abzuheben.

 

1. Beispielsfall:

Zugriff auf das Konto des Kindes durch die Eltern

 

Zunächst möchte ich Ihnen an einem Beispiel zeigen, aus welchen Gründen sich Eltern dazu verleiten lassen können, auf das Konto des Kindes zuzugreifen.

 

In unserem Beispielsfall verlangt das Kind, gesetzlich vertreten durch seinen Vater, Ersatz gegenüber der Mutter, weil diese Geld vom Konto des Kindes abgehoben hat.

Vater und Mutter trennten sich und es kam zur Scheidung. Der Mutter wurde das alleinige Sorgerecht zugesprochen.

Bereits einige Jahre vorher haben die Großeltern väterlicherseits für K ein Konto (es ändert sich nicht wenn es hier um ein Sparbuch ginge) angelegt. Das Konto lautete auf den Namen des K.

Auf das Konto zahlten die Großeltern zunächst 1.000,00 € ein. Kurze Zeit zahlte V

einen Betrag von 1.300,00 € ein. Die Einzahlung war mit dem Verwendungszweck „Geburts- und Taufgeld“ versehen.

Ec-Karte und PIN für das Konto des Kindes wurde von den Großeltern an den V

übergeben.

Nach der Trennung nahm die M die ec-Karte und PIN mit. Sie hob einen Betrag von 2.000,00 € von dem Konto des Kindes ab.

Nun verlangt K von M die 2.000,00 € zurückzuzahlen.

M behauptet sie habe mit dem Geld Gegenstände für K angeschafft. Diese habe K in der neuen Wohnung in der M und K gezogen seien benötigt.

Diesem Beispielsfall liegt eine kürzlich ergangene Entscheidung des OLG Frankfurt vom 28.05.2015 zugrunde (Aktenzeichen: 5 UF 53/15).

 

2. Anspruch des Kindes

wegen der Abhebung von seinem Konto gegen den Elternteil

K könnte gegen die M einen Anspruch auf Ersatz des von seinem Konto abgehobenen Geldes haben, wenn die M nicht dazu berechtigt war, dieses Geld abzuheben.

Der Anspruch beruht auf § 1664 BGB. Aus diesem Paragraph ergibt sich nicht nur ein Haftungsmaßstab bezüglich der Ausübung der elterlichen Sorge, sondern auch ein Schadensersatzanspruch der Kinder gegen die Eltern, wenn diese ihre

Sorgerechtspflichten verletzten.

 

3. Voraussetzungen eines Anspruchs gegen die Eltern wegen unberechtigter Abhebung vom Konto des Kindes

 

Ein Anspruch gegen die Eltern wegen einer Abhebung vom Konto des Kindes setzt voraus, dass diese Abhebung ohne Berechtigung erfolgt ist.Die entscheidende Frage ist also, ob die Eltern bzw. der Elternteil berechtigt waren Geld vom Konto des Kindes abzuheben.

 

Die Kriterien, nach denen sich die Berechtigung der Eltern hierzu beurteilt, sind folgende:

 

a) Die Vermögenssorge als Voraussetzung zur berechtigten Abhebung vom Konto des Kindes

Dem Elternteil, der eine Abhebung vom Konto des Kindes vornimmt, muss die

Vermögenssorge für das Kind übertragen sein.

 

Kurz zur Erklärung:

Gemäß § 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB haben die Eltern das Recht und die Pflicht für das

minderjährige Kind zu sorgen.

Diese sogenannte elterliche Sorge ist in zwei verschiedene Bereiche unterteilt. Die

Eltern treffen die Personensorge und die Vermögenssorge hinsichtlich ihres Kindes.

 

Die Personensorge:

Hier steht die Sorge um das Kind als heranwachsende Person im Mittelpunkt.

Von der Personensorge ist beispielsweise die Pflicht der Eltern, für eine angemessene Bildung des Kindes, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen umfasst.

 

 

Die Vermögenssorge:

Diese betrifft das Recht und die Pflicht der Eltern das Vermögen des Kindes zu

verwalten.

Maßstab sind hierbei die Grundsätze einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung (§ 1642 BGB). Das bedeutet von der Vermögenssorge sind nur Handlungen abgedeckt, die das Vermögen des Kindes nicht in unwirtschaftlicher Weise belasten.

Wann konkret dies der Fall ist kann pauschal nicht beantwortet werden.

Ist dem Elternteil, der die Abhebung vom Konto des Kindes vornimmt nicht die

Vermögenssorge übertragen, ist er nicht berechtigt zur Abhebung. Dem Kind steht dann ein Anspruch auf Ersatz bzw. Rückzahlung des von seinem Konto abgehobenen Geldes zu.

Sollte dem betreffenden Elternteil die Vermögenssorge übertragen sein, ist dieser

dennoch nicht ohne weiteres dazu berechtigt Geld vom Konto des Kindes abzuheben.

In diesem Fall sind weitere Kriterien heranzuziehen, um zu beurteilen, ob der Elternteil zu der Abhebung des Geldes berechtigt war.

 

b) Zweck der Abhebung vom Konto des Kindes

Das erste dieser Kriterien zur Bestimmung der Berichtigung zur Abhebung vom Konto des Kindes ist der Zweck der Abhebung.

Soweit Abhebungen vorgenommen werden, um das Geld des Kindes gewinnbringend Anzulegen, entspricht dies den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung und ist nicht zu beanstanden.

Können die Eltern nicht darlegen, dass das abgehobene Geld sinnvoll und vermögensmehrend angelegt wird, ist davon auszugehen, dass die Eltern nicht zu der Abhebung berechtigt waren.

 

c) Wer ist Kontoinhaber?

Das Kind muss natürlich Kontoinhaber sein, um gegen den Elternteil, der unberechtigt Geld vom Konto abgehoben hat, einen Anspruch auf Schadenersatz geltend machen zu können.

Indizien, die auf eine Kontoinhaberschaft des Kindes hindeuten können:

 

Name des Kontoinhabers

Es ist wichtig auf welchen Namen das Konto angelegt wurde.

So deutet eine Kontoeröffnung auf den Namen des Kindes darauf hin, dass auch alleine das Kind die Auszahlung von auf dem Konto vorhandenen Vermögen verlangen kann.

In unserem Beispielsfall wurde dass Konto auf den Namen des Kindes eröffnet. Dies lässt darauf schließen, dass das Kind und nicht etwa ein Elternteil Kontoinhaber sein sollte.

 

Der Wille desjenigen der das Konto eröffnet

Entscheidend ist aber auch der Wille desjenigen, der das Konto errichtet.

Wichtig ist hierbei, für wenn das Konto eröffnet werden sollte. Sollte das Konto zwar dem Kind zugute kommen, zunächst aber alleine durch die Eltern oder einen Dritten verwaltet werden, der auch auf das Konto zugreifen darf? Oder sollte von Anfang an

alleine das Kind befugt sein über das Konto zu verfügen?

 

In unserem Beispielsfall wollten die Großeltern das Sparbuch für das Kind eröffnen. Das darauf eingezahlte Geld sollte dem Kind zugute kommen. Dies lässt auch darauf schließen, dass das Kind Inhaber des Kontos sein sollte.

Die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit

 

Ein weiteres wichtiges Indiz ist, wer tatsächlich über das auf dem Konto oder dem Sparbuch vorhandene Vermögen verfügen kann.

Das ist beispielsweise im Falle des Sparbuchs derjenige, der auch im Besitz des

Sparbuchs ist. Denn gemäß § 808 BGB hat derjenige, der sich im Besitz des Sparbuchs befindet die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über das darauf befindliche Guthaben.

 

Würden wir in unserem Beispielsfall das Konto durch ein Sparbuch austauschen würde das Folgendes bedeuten:

Die war Mutter zur Zeit der Abhebung im Besitz des Sparbuchs. Dies würde dafür

sprechen, dass die Mutter Inhaberin des Sparbuchs zur Zeit der Abhebung war. Jedoch sprechen die oben angeführten Kriterien gegen eine Inhaberschaft der Mutter. Daher könnte der Besitz am Sparbuch alleine nicht die Annahme der Inhaberschaft begründen.

Nun zurück zu unserer Ausgangssituation und dem Konto des Kindes.

 

Der Zweck der Einzahlung

Für die Bestimmung, wer Inhaber und damit zu einer Abhebung berechtig ist die

Verfügungsmöglichkeit über das Konto oder das Sparbuch zusteht, ist der Zweck der Einzahlung.

Oftmals werden Konten für das Kind beispielsweise durch Pateneltern oder wie in

unserem Beispielfall durch die Großeltern eingerichtet.

 

Werden diese Konten zu dem Zweck eingerichtet, dass Dritte auf dieses Konto

Einzahlungen für das Kind vornehmen können, ist davon auszugehen, dass diese

eingezahlten Beträge und damit das Kontoguthaben alleine dem Kind zustehen sollen. Damit ist auch das Kind alleine befugt über das Konto zu verfügen.

 

Wenn also auf ein derartiges Konto Beträge eingezahlt werden und der

Verwendungszweck darauf schließen lässt, dass diese Einzahlungen als Geschenke

beispielsweise für Geburt oder Taufe des Kindes eingezahlt werden, stehen diese

Beträge alleine dem Kind zu.

 

Dies ist in unserem Beispielsfall so. Der Vater hatte Geld eingezahlt und als

Verwendungszweck „Geburts- und Taufgeld“ angegeben.

Es handelt sich in diesem Fall dann „von vornerein nicht um eigenes Geld der

Einzahler oder der Kindeseltern“ (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 28.05.2015,

Aktenzeichen 5 UF 53/15).

 

4. Fazit zur Abhebung vom Konto des Kindes

Als Fazit ist folgendes festzuhalten:

 

Der Elternteil, der nicht die Vermögenssorge für das Kind ausübt, darf von vornerein keine Abhebungen vom Konto des Kindes vornehmen, ohne dass derjenige der die Vermögenssorge für das Kind inne hat hiermit einverstanden ist.

Selbst wenn das Elternteil das die Abhebung vom Konto des Kindes vorgenommen hat die Vermögenssorge ausübt, ist er oder sie nicht ohne weiteres hierzu befugt.

 

Diese Befugnis besteht auch für den zur Vermögenssorge berechtigten Elternteil nur soweit dieser sich im Rahmen seiner Pflicht zum wirtschaftlichen Umgang mit dem Geld des Kindes bewegt.

Soweit das Kind Kontoinhaber ist, steht dem Kind ein Schadenersatzanspruch gegen den Elternteil zu, der ohne Berechtigung Geld vom Konto des Kindes abhebt.

 

Soweit der Zweck der Einzahlung darauf schließen lässt, dass der eingezahlte Betrag

alleine dem Kind zustehen soll, ist der Elternteil von vornerein nicht befugt, dieses Geld abzuheben.

Das Elternteil ist selbst dann nicht befugt, dieses Geld vom Konto des Kindes

abzuheben, wenn das Geld in der Folge zu Gunsten des Kindes verwendet wird.

 

Es gilt folgender Grundsatz:

„Die Ausstattung des Kindes mit Einrichtungs- und Bekleidungsgegenständen haben die Kindeseltern aus eigenen Mitteln im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zu bestreiten.“ (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 03.12.2014, Aktenzeichen 4 UF 112/14).

Für unseren Beispielsfall bedeutet das, dass die M nicht berechtigt war das Geld des Kindes von dessen Konto abzuheben. Selbst wenn es zutrifft, dass das Geld des Kindes dafür verwendet wurde, Gegenstände für das Kind zu erwerben, resultiert hieraus keine Berechtigung der M zur Abhebung des Geldes vom Konto des Kindes.

 

Ausnahmsweise kann sich eine Berechtigung der Eltern Geld vom Konto des Kindes abzuheben ergeben, wenn eine Notlage gegeben ist.

Wenn also dringend benötigte Gegenstände angeschafft werden müssen, der betreffende Elternteil jedoch nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt, so kann ausnahmsweise eine Berechtigung zur Abhebung vom Konto des Kindes bestehen.

Hierzu muss jedoch nachvollziehbar dargelegt werden, dass keine andere Möglichkeit zur Anschaffung der notwendigen Gegenstände gegeben war.

 

Wenn in diesen Situationen beispielsweise eine Geltendmachung von ausnahmsweise höherem Bedarf (sogenannter Sonderbedarf) gegenüber dem anderen Elternteil möglich war oder man sich an den Sozialhilfeträger mit der Bitte um Unterstützung hätte wenden können, wird eine Berechtigung zur Abhebung vom Konto des Kindes zu

verneinen sein.

 

Dies war in unserem Beispielsfall nicht gegeben.

 

Zusammenfassung:

Die Eltern sind nicht ohne weiteres berechtigt sind, Geld vom Koto des Kindes

abzuheben.

Dies trifft auch auf andere Anlageformen zu, wie beispielsweise das Sparbuch.

Für die Eltern gilt also:

 

Beim Umgang mit Vermögen des Kindes ist Vorsicht geboten, um sich nicht im Nachhinein Ersatzansprüchen auszusetzen.

Sollten Sie nicht sicher sein, ob Sie tatsächlich berechtigt sind, auf das Konto Ihres

Kindes zuzugreifen, so ist Ihnen dringend zu empfehlen, hierzu anwaltlichen Rat

einzuholen. 

 

 

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